Tour durch Waldkirchen

Station 2

Ölbergkapelle

Pfarrer Kaufmann erzählt vom Untergang und Wiederaufbau 1945

Vor der Ölbergkapelle treffen der Pfarrer des Jahres 1945, Otto Kaufmann (= K), und ein älterer Mann (= M), ein ehemaliger Ministrant aus derselben Zeit, aufeinander.


M: Ja mei, da Pfarrer Kaufmann. Jaja, 1945 da hat er viel gearbeitet da heroben.

K: Grüß Gott! Kennen wir uns denn etwa?

M: Kennen Sie mich denn nicht mehr, Hochwürden? 1945 war ich ja Ministrant bei Ihnen. Mei, hab ich mir oft a Watschn eigfangt von Ihnen.

K: Das ist aber ganz schön lange her? Aber es tut mir leid, ich kann jetzt überhaupt nicht reden. Ich muss hier noch die brauchbaren Nägel rausziehen. Unsere Kirche baut sich ja nicht von alleine auf – und Material gibt’s ja keines, da ist jeder Nagel recht.

M: Ja, am 26. April 1945 haben die Amerikaner unseren schönen Markt ganz schön zugerichtet. Da an der Ölbergkapelle sieht man auch heute noch die Schäden von den Granaten. Gott sei Dank ist sie sonst heil geblieben. Aber unsere Kirche, die ist fast vollständig ausgebrannt.

K: Und jetzt müssen wir unseren Gottesdienst in der umgebauten Turnhalle abhalten. Es kann nicht schnell genug gehen, dass der Bayerwalddom endlich wieder errichtet ist.

M: Aber viele Nägel sind noch nicht drin.

K: Wären schon mehr, hätte gestern nicht jemand die ganze Kiste gestohlen! Aber denen werd ich am Sonntag die Predigt halten! Die sollen alle verdammt sein! Der Herrgott wird sie bestrafen im Fegefeuer ihrer Sünden. Diese Höllensöhne, die sich hier einfach am Eigentum des Herrn vergreifen.

M: Mei, a richtige Höllenpredigt wird des werden.

K: Aber das bringt die Nägel auch nicht zurück. Wie groß muss die Not der Menschen sein, dass sie selbst alte Nägel stehlen? Aber irgendwie habe ich so eine Vorahnung, dass ich die Vollendung des Wiederaufbaus auch nicht mehr erleben werde.

M: Ja, so war’s dann auch. Kurz vor der Vollendung und der Einweihung ist unser so engagierter Pfarrer Kaufmann bei einem schweren Verkehrsunfall um’s Leben gekommen. Ja, ich würd Ihnen gerne helfen, aber ich bin ja auch schon schwach.

K: Er könnt mir helfen, wenn er mir endlich meine Arbeit tun ließe.

M: Mei da Kaufmann, wie er leibt und lebt. Wer mehr über 1945 erfahren möchte, der kann ja mal raufgehen in unser schönes Museum Goldener Steig, da gibt’s noch viel zu hören und sehen.


K: Es wird schon nicht so schlimm gewesen sein? Was Ihr da redet! Werft doch mal einen Blick auf die Bilder unseres Fotografen von damals!

Zerstörung 1945

Wenige Tage nach der Zerstörung des Marktes am 26.04.1945 durch die Amerikaner machte der Fotograf Richard Hirsch unter Lebensgefahr, denn Fotografieren war damals von der Besatzung strengstens verboten, etliche Aufnahmen des Marktes. Sie zeigen auf unbeschreibliche Weise das Ausmaß der Verwüstung und des Leides der Waldkirchner der damaligen Zeit (Quelle der Fotos: Stadtarchiv Waldkirchen).