Tour durch Waldkirchen

Station 9

Chirurg Staudenhöchtl

Ein Arzt verkauft seine Heilessenz

Der alte Chirurg, Johann Caspar Staudenhöchtl (1731 - 1803) (= S), preist vor seinem Anwesen einer jungen Frau (= F) seine Heilessenz an.


S: Wahrlich ein Zauberzeugs hat sie da! Sie scheint wohl taub zu sein. Und erkrankt scheint sie mir auch!

F: Jetzt reichts aber, du spinnst doch!

S: Doch nicht ertaubt?! Erbiete sie sich ein bisschen Haltung oder scheint die Krankheit schon den Verstand geraubt? Litt sie an häufigem Fieber?

F: Wer – sie?

S: Kann sie’s schon in meinem Beitrag im europäischen Staatsrelations Wochenstück vom 10. Septembri 1784 lesen! Im hochfürstlichen Markt Waldkirchen bei mir gibt’s ein Universal-Mittel gegen alle Arten kalter und beutelnder Fieber im menschlichen Körper! Auch einen Gebrauchszetul gereiche ich dazu und unter observierter Diäte sei sie bald gänzlich befreit von der Krankheit. Zwei Gulden kost das Glas! Mir scheint sie nicht so dürftig, dass sie ohnentgeldlich curiert zu werden müsst. Die gänzliche Befreiung von ihrem Übel in vier Tagen kann ich ganz garantieren! Wie sie sich kleidet, kommt sie sicher aus einer weit entfernten Kultur nur für meinen Balsam?

F: Was geht denn mit dir eigentlich? Ich hab kein Fieber und wenn ich eins hätt, trink ich bestimmt nicht dein Gesöff – da vertrau ich lieber auf das guten, alte Paracetamol!

S: Para…. Was meint sie? Wohl noch eine alte Heilessenz des alten Paracelsus, die ich nicht kannt, trotz meinem Exam? Kann sie es mir verraten?

F: Lass mich jetzt endlich in Ruhe – der spinnt doch.

S: Paracelt … wie war das gleich? Eine wahrlich merkenswerte Kreatur diese Fremde – in welch fraglicher Zeit wir wohl leben. Was wird meinen Kindern noch bevorstehen? Vielleicht sucht sie ja auch meinen Sohn oben im Museum am Büchl auf?


S: Ah, noch wissbegierig. Wolltet ihr noch einen kleinen Blick auf den Originaldruck meiner hier zitierten Bewerbung werfen oder gar auf die Urkund meines Hauskaufs von 1762. Das gäbs hier zu sehen.

Dokumente des Chirurgen Staudenhöchtl

Originalwerbung 1784: "In dem Hochfürstl. Passauischen Mark Waldkirchen ist bey mir Endesgestellten ein gerechtes durch unzählige Proben wahrhaft befundenes Universal-Mittel alle Arten kalter und beutlender Fieber in dem menschlichen Körper zu curieren, solches besteht in einem Balsam, nach dessen richtig und accurat laut Vorschrift des mit jedem Glas eigends gratis beyfolgenden gedruckten Gebrauch Zetul gemachten Gebrauch und gehörig observirter Diäte jeden Patienten die gänzliche Befreyung von diesen über kurz oder lang angehaltenen Uebel längstens in Zeit 4 Tagen vollkommen zugesichert wird. Von diesem Balsam kostet das Glas 2 fl. Reichs-Conventions-Münz, Briefe und Geld ersucht man franco einzuschicken, prompte accurate Bedienung wird gleich erfolgen. Arme Dürftige mit diesem Uebel behaftete, welche sich anhero verfügen wollen, verspreche ich ohnentgeldich in oben bestimmter Zeit zu curiren. Dieser Balsam kann auch durch lange Zeit in einem temperierten Ort aufbehalten werden. Caspar Staudenhöchtl, examiniert- und approbierter Chirurgus allda." (Quelle: Des wöchentlichen Beytrags zur europäischen Staatsrelation 36stes Wochenstuk vom 10. September 1784).
Kaufurkunde des Anwesens von 1762: "Ich Antoni Weißheippl bürgl: Mauerer zu Waldkürchen Und ich Margaretha dessen Eheweib, wir beide selbst zu gegen, Und zwar ich leztere auf an- weiß, und Beystandtslaistung Lorenzen Kanamüllerrn bürgl: Webermaistern alda, Bekennen hiemit für Uns, all Unsere Erben, freundt, und Nachkomen, offent gegen meniglich, mit: und in Crafft, dis Briefs ds wür zu Verhofent mehr: und besserer Nuz, und gelgenheit willen auch auf erlangt Gdigst Hof- Camer Consens de dato 21. Junij ad dis, aufrecht: und redlich Verkaufft, und zu kauffen gegeben haben, wie Kauffs Recht ist, der Tugentsamben Magdalena, Caspar Staudenhechtels dmahligen Baad und Cirurgo alhier, negst angehenten Ehewürthin, selbst gegenwerttig, der ermelt Ihr Ehe- würth anweis und Beystandt gelaist, Nemblichen Unser bishero Rechtl: ingehabt, zwischen Jacob Paur, und Peter Paul Hauspeckh beed bügerl: Häusern entlegene Behausung, sambt denen darzugehörign Gmain gründt, und Holzäckern, mit all d Rechtl: ein und zugehör, nichts davon bestandt, noch ausgenomen, umb: und pr: Taußent Gulden, Kauff Summa, und 10 f bereits bzealten leykauff [...]"