G: Nur weil ich da am Kaufhaus festgemacht wurde, glauben sie alle, sie könnten mich einfach anfassen. So unsittliches Gehabe!

T: Entschuldigen Sie, ich wollte ja nur ein Foto von Ihnen in meinem Arm …. aber ich konnte ja nicht ahnen, dass …

G: Nicht ahnen, dass was? Immer unverschämter werden die Leute heutzutage. Zu meiner Zeit hätts das nicht gegeben, da hat sich keiner getraut die Bürgerstochter zu liebkosen. Aber blicken Sie mal da rüber, zu dem Kerl auf der anderen Straßenseite. Seit gut über 150 Jahren steht er jetzt schon da dieser Hansl und sagt kein Wort. Mich schauderts direkt vor dem da!

T: Was ist denn das überhaupt für eine lustige Figur?

G: Ein Radabweiserstein.

T: Radabweiser … was?

G: Nun sieh her. Früher fuhren auf unserem Markt Fuhrwerke und auch damals nahm man die Kurven gerne kürzer. Und dass das Rad die Hauswand nicht schädigte, setzte man einen Granitpfeiler an die Ecken. Und bei diesem Stein meinte wohl einer besonders merkwürdig sein zu müssen. In der ganzen Gegend gibt’s sowas nicht.

T: Ah, allmählich versteh ichs. Aber wie kommt man denn auf die lustige Idee, den Stein dann so als Mensch zu machen.

G: Da gibt’s viele Erzählungen. Die einen sagen, auf dem Haus da drüben wohnte einst ein Jüngling, der lange unverheiratet war und immer Sonntags vor der Kirch stand, mit einem Strauß in der Hand und als Hochzeiter auf die Richtige wartete, ihm hat man dann ein Andenken gesetzt. Andere wieder sagen, es war eine einfache Gesellenarbeit eines hießigen Steinmetzen.

T: Also seit ca. 1850 steht der dann da?

G: Ja, die Jahreszahl kennt keiner, es gibt keine schriftliche Erwähnungen von ihm vor 1900, nur Erzählungen. Und 1972 meinten die Waldkirchner dann, sie müssten dem Ewigen Hochzeiter eine Braut hinsetzen, seit dem steh nun ich da. Aber ich kann mich mit ihm nicht anfreunden. Starrt die ganze Zeit nur rüber, sagt kein Wort. Richtig schaurig ists einem da.

T: Aber am Marktplatz gibt’s ja noch viel mehr so Figuren?

G: Ja alle sind später dazugekommen und sind Stellvertreter für besondere Geschichten. Leider sind sie alle so stumm.

T: Aber mal ehrlich, komisch siehst du ja schon auch aus mit dieser lustigen Haube da am Kopf.

G: Lustige Haube? Das ist pures Gold, das können sich nur echte Bürger und Großbauern leisten. Hast du denn keine Achtung vor so etwas Altem und Kostbaren? Geh den Berg da weiter hoch zum Museum. Da wirst du lernen, was es bedeutet ein echter Bürger Waldkirchens zu sein!

T: Vielleicht sollte ich das wirklich einmal machen ….