Ha, da habt Ihr euch aber etwas Schönes ausgesucht da mit der Kette. Ich selbst hab sie getragen. 1882 war ich, der Lebzelter Hermann Friedl, Bürgermeister hier im Markt. Wie auch schon mein Großvater und Vater. Wir habm die Bürgermeisterei also schon fast aufm Haus drauf. Jaja, die Kette habe ich also selber ein Jahr zu Festen und Ereignissen getragen. Aber so lang gibt’s einen Bürgermeister bei uns fei noch nicht. Früher war ja der Fürstbischof Landesherr, da hatten wir einen Marktrichter, der sich um die Rechtbarkeit und auch um das Verwaltungstechnische annahm. Erst 1806 verließen wir die Herrschaft unseres geliebten Bischofs und seitdem müss ma uns mit dem Landgericht bei Freyung, diesem Wolfsteiner Gesindl, ärgern. Ständig wollen die uns irgendetwas vorschreiben oder verbieten. Nun gut, also ab 1806 gab es für dreizehn Jahre einen Marktvorsteher. Seit 1819 gibt es einen Bürgermeister bei uns – natürlich ehrenamtlich. Was da alles an Protokollsitzungen auf einen zukommt. Gemeindebevollmächtigte und Magistratsrat, Armenkasse und noch viel mehr. Alles musste auch ich unterzeichnen. Wenigstens hatten wir einen Marktschreiber. Ohne ihn wäre es noch mehr Aufwand für mich gewesen. Aber mein Geschäft, die schöne Lebzelterei am Marktplatz, blieb da schon ordentlich zurück. Mein Eheweib hat da viel aushelfen müssen. Und dann erst unser Rathaus. 1813 hat es der Markt gekauft. Früher war es das Marktrichterhaus. Später war auch die Schule drin. Das war baufällig. Der Marktbrand 1862 hat dann auch noch viel zu viel an Mauer stehn lassen, sodass wir ein Neues schon dringend nötig hätten.Wenigstens nach außen, die Fassad, die macht was her. Reingehn darf man nur nicht.Aber man kann sich gut vorstellen, dass nur die wohlhabenden Bürger den Bürgermeister machen konnten, wenn man ja nichts dafür bekommt. Ob sich das mal ändern wird. Ich glaube, ich schau mal wieder im Rathaus vorbei, wer heutzutage da die Geschicke Waldkirchens so lenkt – komm doch mit!