Tour durch das Museum

Station 11

Granate

Das Ende des alten Waldkirchens 1945

Waldkirchen wurde nicht nur seit dem 15. Jh. alle hundert Jahre von einem verheerenden Brand in Schutt und Asche gelegt, 1945 kam es ebenfalls zu einer vernichtenden Zerstörung. Nazideutschland war zu größten Teilen bereits besiegt. Auch in Waldkirchen wurde, angesichts der anrückenden Alliierten, bereits am 24.4.1945 der Beschluss gefasst, den Markt ohne Gegenwehr zu übergeben. Am 25. April herrschte Untergangsstimmung. SS-Spähtrupps tauchten auf, drohte jedem mit dem Tod, der eine weiße Flagge hisste, veranlassten dies und jenes und verschwanden wieder. Schon am 26. April waren diese Trupps nicht mehr zu sehen. Aufklärer der Amerikaner flogen bereits über den Ort und jeder wusste, dass nun bald die amerikanische Armee ankommen wird. Frühmorgens kam jedoch am Bahnhof ein Zug mit ungarischen Flüchtlingen an. Er war mit Flakwagen bewacht. Die Weiterfahrt nach Röhrnbach war nicht mehr möglich, die Zuständigen ließen den Zug also am Waldkirchner Bahnhof stehen. Gegen 8.30 morgens schoss dann dieser Flakwagen aus bisher unerklärlichen Gründen auf die Aufklärer. Die amerikanischen Truppen vor Waldkirchen waren bekannt dafür, kurzen Prozess zu machen, antworteten unverzüglich mit Beschuss. Im Ort brachte man schnell alle Kranken in Sicherheit und hisste als versöhnliches Zeichen am Kirchturm eine weiße Flagge. Gegen 10 Uhr schoss der Flakwagen aber erneut auf die Aufklärer. Das Schicksal von Waldkirchen wurde besiegelt, die Amerikaner deuteten die weiße Flagge als Falle. Zwischen 10 und 13 Uhr schossen sie dann gezielt mit Phosphogranaten auf den Markt. Es entstanden kaum löschbare Brände. Die wenigen Waldkirchner, die noch im Ort waren, versuchten verzweifelt zu retten, was längst nicht mehr zu retten war. Um 13.30 Uhr zogen die Amerikaner in den Ort. Panzer passierten die Straßen, Soldaten durchsuchten die Häuser. Gegen 16.30 stand auch die Kirche in Flammen. Die Kapläne und ein paar Bürger retteten aus dem Gotteshaus, was sie tragen konnten. Jedoch musste man den Flammen bald freien Lauf lassen. Am Morgen des 27. April 1945 konnte man die Ausmaße der Zerstörung sehen. Von den 127 Häusern des Marktgebietes waren 50 völlig zerstört, 120 Familien waren obdachlos, 8 Menschen kamen ums Leben. Das alte Waldkirchen wurde begraben. Und alles nur wegen eines Flakwagens am Bahnhof – ein tragisches Geschehen. Entmutigen ließen sich die Waldkirchner aber nicht. Wie alle hunderte Jahre zuvor, begannen sie rasch mit dem Wiederaufbau. Besuchen Sie mal die Ölbergkapelle bei der Kirche – dort sieht man noch Beschädigungen vom Beschuss durch Granaten, wie diese hier. Hier sieht man übrigens echte Granaten, die man in Waldkirchen später noch fand. Manche Bürger haben sie in ihren Häusern als Erinnerung aufgehoben.